30.5.19

Die Muschel




Als flöße Himmelblaues aus den Weiten
und ruhte auf dem Wasser fernenbreit
und gleitet mit in tosende Gezeiten
und gleißt in eitler Sonne wellenweit.

Es ist ein Rauschen in azurnen Tönen
und so ein Brisenduft nach Salz und Tang,
wenn helle Silberschäume Wellen krönen
aus brandungshoher Wucht den Felsen lang.

Es ist nur eine handvoll Meeresrauschen
in dieser bunten Muschel dicht am Ohr.
Hier kann ich meine Träume nun belauschen
in der Erinnerungen leichtem Flor.

© Lisa Nicolis

29.5.19

Stillesüchtig

Stille ist pastellne Seelenfarbe,
Quelle, die das Meeresrauschen übt,
kirschblütengefang’ne Sonnengarbe,
Frühling, den kein Wolkenzipfel trübt.

Stille ist, mit sich in Einklang leben.
Stille baut sich schützend vor dich auf,
kann dich siebtfach in die Himmeln heben
und den Geist gesunden kann sie auch.

Stille wird mitunter auch mal lauter
und du kannst sie einfach nicht mehr hör’n.
Du entzögst dich gerne ihrem Zauber,
doch dein Inn’res zaudert, sie zu stör’n. 

© Lisa Nicolis

28.5.19

Der Heimkehrer




Die Straße läuft mir grau voraus
und windet sich um jede Ecke.
Der Regen pocht ans Schneckenhaus,
in dem ich menschenmüde stecke.

Hinter den schweren Wimpern schweift
mein Blick zurück in ferne Tage.
Mit kalter Hand der Himmel greift
die Sehnsucht wund, an der ich trage.

Ich schritt auf Wegen, traumgewebt,
allein, entlang geraumer Zeiten.
Jetzt habe ich mich leer gelebt,
verliere mich in Eigenheiten.

Ich folge der Gewitternacht
und friere unter ihrem Schleier.
Hab mich jetzt endlich aufgemacht
zur falscher Ziele Totenfeier.

Ich will Verlornes diese Nacht
am Weg zu dir noch überwinden.
Bin schwer von Wolken überdacht,
doch werd ich trotzdem heimwärts finden.

© Lisa Nicolis

27.5.19

Alltagsringe

               
  Ringe, Ringe,
große, kleine
fallen, fallen
über mich
und sie zeichnen
tiefe Rillen
in die Seele, ins Gesicht.
Jeden Tag
die gleichen Engen,
der Versuch,
die Ring’ zu sprengen…
Fang sie auf,
die bunten Ringe,
wirf sie durch die Luft
und bringe
mich an einen andren Ort,
fort von hier,
nur fort, nur fort.
Denn sie fallen,
denn sie fallen
über mich,
wie ein Schlinge,
diese großen, diese kleinen,
diese Ringe, 
diese Ringe…

© Lisa Nicolis

26.5.19

Rhododendron



Blütensträucher,
Blütenaugen,
Traumalleen,
Zauberpracht.
Himmlisch
blütenmeerverschwommen
hat der Mai
mich angelacht.

© Lisa Nicolis

25.5.19

Innenhof


Innenhof,
drauf Himmelsscherben,
purpursonnern angehaucht.
Im Gemäuer
hängt der Tag noch
müde, schwül
und aufgebraucht.
Abend quillt
aus dunklen Ecken,
Fenster brennen
nach und nach.
Scherenschnittlich
müdes Leben
hält dahinter
sich noch wach.
Kaum der Morgen
angefangen,
ist der Tag
schon lägst gegangen.


© Lisa Nicolis



23.5.19

Poetenschweigen


Manchmal schweigen alle Türen
zu dem Herzen, hin zum Sinn.
Kein Geschehen klopft von Außen
-keine Regung innen drin.

Sitze Helikon zu Füßen,
bin wie Echo sprachberaubt.
Mancher Hang zu grünen Höhen
ist verschüttet und verstaubt.

Und kein Sturm wirbelt Gefühle,
auch kein Wind Erinnerung
-ein Dornröschenschlaf der Musen
und ein Stück Entzauberung.

© Lisa Nicolis



21.5.19

Traum


Mein Traum hatt' dich eingefangen.
 Wir weilten am Rande der Zeit,
noch jugendlich, unbefangen,
wie Kinder der Ewigkeit.

Wir hielten uns an den Händen
und schlaflang war es so schön,
als könnte es niemals enden,
der Traum nie zu Ende geh’n.

Doch als mir dein Bild enteilte,
 
als ich schon im Hiersein steh,
an dem Ort, an dem es weilte,
ist dort noch ein leises Weh.

© Lisa Nicolis

19.5.19

Waldgeflüster

Im Gehölz auf dunklen Pfaden
helle Hände der Dryaden
tragen Lichter in die Bäume
und den Zauber bunter Träume.

Hier im Wald möcht ich sie trinken,
Strahlen, die ins Laubwerk sinken,
weitgereist und Gott gesegnet,
bis es dunklen Abend regnet.

© Lisa Nicolis

16.5.19

Wassertröpfchen

Unsterblich bin ich und auch immer anders.
Mal kann ich flaumigleicht in Höhen wehen,
mal riesle ich als Stern mit Glitzerröckchen,
kann fensternlang in Regenspuren gehen.

Ich mahlte schon mal Brot und gluchzte fröhlich
und ließ auf meinem Rücken Boote gleiten.
Ich wusch das Gold aus erdgeschwärzten Händen
und kann am Staudamm Nacht zu Tag bereiten.

Mal lass ich mich vom schnellen Winde tragen,
mal steige ich als Schleier in den Morgen.
Mal lösche ich den Durst der kargen Erde,
mal bringe ich auch arge Not und Sorgen.

Und seht ihr eine Mauer um mein Fließen,
dann fürchtet ihr, man will mich so bezwingen.
Ich lache mir ins Fäustchen, Erdenbürger,
von eurer Schippe werd ich immer springen.

© Lisa Nicolis

15.5.19

Kopfschrank


im Kopfschrank da gibt es
ein reiches Archiv,
hier finde ich Farben
und Töne,
und manchmal auch wieder
ein kleines Motiv,
dass ich mich mit mir
selbst versöhne.

© Lisa Nicolis

14.5.19

Aus dem Nebel


Du näherst dich manchmal
über meine Gedankenbrücke
wie ein Nebelbild.
Schaust mich aus längst
vergessenen Augen an.
Deine Worte brechen lautlos,
transparent wie Himmel,
aus meiner Erinnerung.
Nur ist die Gegenwart meist lauter,
selbst der Wind
an meinem Fenster heute,
der alle Brückenpfeiler kappt
und dich zurück
ins Vergessen stürzt.
In mir ist dann wieder
ein Stückchen Leben vorbei.

© Lisa Nicolis

12.5.19

Mama

Wie du dahinträumst,
wie deine Wimpern
drüber zittern
und sich dein
Engelslächeln
sonnengleich
um meine Seele legt.

Wie mir dein Atmen
jung und rein,
dein Duft
wie Blumenküsse
winken.

Hebst du die Lider,
bist du
Geschenk mir,
aus einem Strahlen
kommend,
um meinen Augenblicken
Sinn
und Halt zu sein.

© Lisa Nicolis


Ich wünsche allen Mamas dieser Welt Frieden, Zufriedenheit und Respekt.

9.5.19

Nachtgedanken


Ruhlos pflügen die Gedanken
mir den Acker dieser Nacht.
Bleich der Mond fällt aus den Wolken,
hat mein Denken hell gemacht.

In den Bäumen vor dem Fenster
wo ein weißer Engel lag,
schlummert in des Kirschbaums Blüten
müd jetzt der vergang’ne Tag.

Ruhelos wie die Gedanken
fließt dahin der Wolken Band.
Hin und wieder blinken Sterne
himmelweit von Rand zu Rand.

Irgendwo in den Gemäuern
dieser Nacht wird es jetzt laut.
Hoffe, dass der weiße Engel
hier mal nach dem Rechten schaut.


© Lisa Nicolis

8.5.19

Sonnenlos


Die Sonne, die mich dem Leben gab,
war im Wolkengewirr gefangen
und eh ich es endlich entworren hab,
war die Sonne unter gegangen.

© Lisa Nicolis

7.5.19

Am Wasser


Hinaus in sterniger Stille
entfliehn jetzt meine Gedanken,
entkernt von Wünschen und Wille
und gallenbitteren Schranken.

`ne Möwe segelt verloren,
wie dunkles Ahnen im Kreise,
ein Wind, wie wassergeboren,
weht lau und schilfflüsternd leise.

Die Nacht in Mondengeschmeide,
geschmückt die glitzernden Schwingen,
verweilt in schaukelnden Weiden
um mich hier bald schlafein zu singen.

© Lisa Nicolis

6.5.19

Windgeflüster


Spiel mir die Blütenblätter
der Bäume zu,
du Zeit,
wenn du sie,
lose schon,
ins Welken küsst.

Dann werd ich mich
mit ihrem rosa Duft
oder auch weiß
umwinden
und dich mit meinem
Tanz entzücken,

bis du mir
meine Flügel brichst
und windstill
mich
am Saum der Nacht
verklingen lässt. 



© Lisa Nicolis

5.5.19

Leere


Könnte ich nur
meine Gedanken
wie sinnlose Perlen
in eine Schale legen
und meinen Kopf
daneben,
damit die Leere
sich wieder
mit zeitlosen
Rosen
füllt.

© Lisa Nicolis

3.5.19

Mai



Goldne Sonnenscherben
 streut der Wind
unter seufzende Bäume.

Fliederduftend
werfen Schatten
dunkle Rätsel
über den Weg.

Und die Kirschen
blühen sich weiß
in ihr rötliches Rund 
hinein.

© Lisa Nicolis

2.5.19

Morgens


Aus der Tiefe zieht der Morgen
graue Schleier übers Land,
wie gewebt von Geisterhand.
Und noch neblig und verborgen
lauscht im Hintergrund der Hain
in den neuen Tag hinein.

Blind noch birgt der See sein Sehnen
nach dem blauen Himmelslicht.
Durch die Morgenstille bricht
schrilles Rufen. Und den Schwänen
öffnet wohlgesonnt, noch bleich,
sich ihr spiegelglattes Reich.

Lisa Nicolis

1.5.19

Maiabend

Aus dem Osten winkt der Abend,
überflutend mild die Stille.
Nur im Nichts zirpt eine Grille.
Lau umschlingt seine Mantille
alles Sein. 
Die Karriolen
sich am Himmel überholen.
Leuchtkäfer mit Lichtkapriolen
ihren Liebsten Nachricht blinken.
Möcht
im Gräserduft versinken,
mich mit Tauperlen betrinken,
Sterne dir vom Himmel pflücken,
dich 
mit Marsrubinen schmücken.
Wollen wir der Welt entrücken?
Oder lauschen wir nur Stille,
hinter rosaroter Brille,
zwischen Weg’rich und Kamille,
uns an diesem Schweigen labend? 

© Lisa Nicolis