26.7.20

Schlafein



Verloren knistern
Gedanken auf meinem Kissen
-zerstreute Scherben eines Kelchs,
aus dem kein Zufallsgast mehr
Wörtercocktails schlürfen wird.

Sie brechen sinnlos fort,
wanken durch Wände
ein und aus
und ziehen hinaus
mit dem Wind,
verlieren sich kopflos
im Néant.

Auf meinem Kissen liegen
buntgewebt
schon Träume, die morgen,
hirnverbrannt,
nur Asche sind.

© Lisa Nicolis

24.7.20

Oh, Schreck!



Wieviele Wesen sind es gewesen,
die mir das Leben gegeben
und wie viele Ängste,
Sorgen und Qualen
mussten sie tragen?
Ären von Stein, Bronze und Ton .
(Letztes als Reim für) Inquisition.
Bürden wie Steine,
dass ich im Leben erscheine.

Ich bin nicht die Eine,
bin niemals alleine,
denn drin in mir wohnen
hundert Millionen.
In all meinen Genen trag ich ihr Lachen,
die Tränen.
Gott sei's gedankt,
ihr Überleben,
sonst würde es heute mich ja nicht geben.

Und meine Gene
sind (vielleicht) jene,
die sich nicht groß daran störten,
als sie den Urknall hörten.
Ich sag mal, (ich bin so frei)
sie waren irgendwie damals dabei.
Mann, wird mir kalt!
Ich bin dann schon urknallig alt! 

© Lisa Nicolis

23.7.20

Perpetuum mobile



Der neue Tag,
vielversprechend
aus der launigen Nacht entsprungen.
Das Leben foppt wieder mit
flachem Druck meines Blutes
und pflanzt in mein Denken
blumige Ranken,
mit Ausläufern in schwarze Tasten
bis hinaus in kosmische Weiten.
Dann dreht es der Sonne den Rücken zu,
wieder und wieder,
zwischen all den Ranken und
stülpt mir die Nächte über.
Diese Nächte...
bis wieder ein Tag,
vielversprechend
aus der launigen Nacht entspringt.

© Lisa Nicolis

22.7.20

Hyper, hyper!



Schließe die Augen und klicke 
die Welt wieder hinein in den 
Rahmen an der Wand!
Nachrichtensperre!
Werbeverbot!

Weg mit dem Getöne aller 
Untermalungen, dem Gedröhne, Geklimper, 
Trommeln, Piepsen, Summen, 
Surren, Sing- Sang ohne Ende.
Ohne Ende!

Kein Wort gibt es 
mehr ohne Untermalung.
Krieg, Hunger, Mord und Totschlag, selbst
 die Stille wird untermalt, übertönt.
Auch Binden und Zahnbürsten
 brauchen Musik...
Musik?
Hyper, hyper, tralala.

Kein Wunder, dass der 
Mensch mal psychosomatiert und
 man Motive fälschlich 
in den Kindestagen wähnt.
     
In einer Stunde wieder Sucht 
meine Hand das On. Und 
die Welt poltert
zurück in mein Lockdown.


© Lisa Nicolis

21.7.20

Im Dämmerlicht


Der Abend ist vom Berg gestiegen
mit tauperlenbesetztem Saum,
und streift die Gräser, die sich wiegen,
und lullt die Blumen in den Traum.

Die Bäume, die den Weg einfassen,
verhüllen sich in Schummertand.
Die Nacht füllt schweigend alle Gassen
und auch das Tal bis an den Rand.

Frau Lunas Sichel mäht den Rasen
des Himmels Sternengarten blank.
Paar Lämmerwolken Mondlicht grasen,
verstreut, auf einer Felsenbank.


©Lisa Nicolis (1992)

20.7.20

Gold


Gold fließt aus der Sonne,
gleitet
über die Gräser der Wiesen,
über Felder in Frucht.
Stolpert dunkel über Steine,
die achtlos
am Rande der Pfade liegen.
Pfade,
die holprig
in Wege fließen.
Ebenmäßige Wege,
die alles verbinden,
was oft nicht zueinander gehört.
Und alles wirft einen Schatten
auf seinen Nächsten.
Nur das Brot
reift sich golden entgegen.

 .
© Lisa Nicolis

19.7.20

Blick aus dem Fenster.



Blick aus dem Fenster. 
Der Osten klammert strahlend an 
der Mauer des Nachbarhauses.
Daneben pusten die Fenster 
feurige Garben. Ein Flugzeug 
wirft sich in die Tiefe des Himmels 
und schreibt sein Fernweh ins Blau.
Hier das Morgenhoch,
während weit weg die Nacht
in die Häuser bricht.

© Lisa Nicolis

Abendstunde


Noch flimmert`s golden in der Bäume Kronen
und lange Schatten zeichnen Geisterspuren.
Es fließt das Sonnenlicht rot durch die Fluren,
wie surreale Malervisionen.

Der Tag vertaut in letzten Tränen, netzend
das grüne Antlitz buntbeblümter Gärten
und folgt der Sonne, seinem Weggefährten.
Die Vögel kuscheln laubverdeckt, leis schwätzend.

Der Glocken Kehlen in den fernen Türmen
verschlingen kurz die jungfräuliche Stille.
Der Abend schaut schon durch die Mondpupille,
wie Sterngruppen den Himmelsraum erstürmen.

Des Tages Fluidum geistert noch im Dunkel,
versinkt im hohlen Schlund der müden Sinne.
Das Hasten hält im Tal der Ruhe inne,
die Seele schwebt befreit im Traumgefunkel.

© Lisa Nicolis

18.7.20

Dämmerung




Wolken schleichen aneinander 
vorbei in den Abend. 
Noch 
küsst die Sonne, 
tief aus dem Horizont, 
ihren Leib in
Farbenorgien über die 
Wüste der Häuserschluchten
-Almosen für Traumtänzer 
verlorener Stunden, 
in himmlische Watte verpackt. 

© Lisa Nicolis

17.7.20

Zapfenstreich




Die Kettensäge sprengte die Tonleiter.
Die Tanne fiel krachend
über mein Herz,
wo meine Trauer überwinterte.
Samen streute der Wind.
Der Sommer formt Leben.
Ein Löwenmäulchen klafft
über den erdfarbenen Narben.
Namenlos sprießen Gräser
und die Zapfen ringsum
werden eins mit der Ewigkeit.

© Lisa Nicolis

9.7.20

Schweben



Im Nirwana, lichtjahrferne,
schwebt im roten Orionnebel,
losgelöst im Glanz der Sterne,
sanft mein Floß mit weißem Segel.

Hab mich über Bord geworfen
und nur meinen Geist behalten.
Sonnenwind hat mir geholfen,
meine Schwingen zu entfalten.

Liege schwerelos im Schweben,
werde mich nun treiben lassen.
Hab kein Durst nach Erdenleben,
bleibe hier auf milch’gen Straßen.

Weck mich nicht aus meiner Sehnsucht.
Lasst mich einfach weiterziehen.
Gönne mir der Sterne Zuflucht.
Wie ein Stern möchte ich verglühen.

© Lisa Nicolis

8.7.20

Hexenstaub


Belanglose Worte. Die Wahrheit -verbogen,
um dich von Gefühl’n zu entbinden.
Vielleicht komm ich einmal durch’s Dunkel geflogen
und werde dich trist und alleine wohl finden
und werd’ dich mit Zauber umwinden.

Ich werde mich hinter dem Spiegel verstecken
und tief in die Augen dir sehen.
Ich werde mir heimlich dein Fühlen erwecken
und werde dein Inneres leise begehen.
Du wirst dich dann selbst nicht verstehen.

Dann streu’ ich den Hexenstaub über dein Denken.
Du wirst ihn nicht sehen, nur fühlen.
Ich werde mich wieder dem Abend verschenken.
Du wirst in dein Kissen benommen dich wühlen
und wirst endlich Sehsucht verspüren.

© Lisa Nicolis (1993)

7.7.20

Nur virtuell…



Schenke euch ein Bild zum träumen.
Wollte es mit Blumen säumen
und mit einem Schmetterling
aus Metall und aus Bling- Bling.

Leider ist es
prinzipiell,
nicht real,
nur virtuell.

-Jetzt vor Zorn nicht Feuer spucken!
Jeder Drucker kann’s dir drucken…
Und dann wird es prinzipiell
fingerfassbar. Fast reell.

Fühl’n willst du auch’s
Blatt, den Klee.
Drucke es
halt in 3D.

© Lisa Nicolis

2.7.20

Welten



Blumige Wiesen
waren sie
die Tage damals
und rosige Welten
und trugen
Namen wie Sterne
Liebe hießen sie
und hießen Sehnsucht
und hießen Verlangen
du nanntest sie
Montag 
Dienstag
Mittwoch…

© Lisa Nicolis

1.7.20

Gedeckter Tisch


Und zu meinem Bild hatte ich auch noch einen Gedankenblitz:

Ein Vogel sitzt auf einem Zweig.
Wo soll er sonst gesessen haben?
Er zwitschert. Ja, was soll er sonst?
Denn krächzen können nur die Raben. 

Singt er ein Lied? Ist’s nur ein Quatsch?
Wer kennt sich aus in dem Gezwitscher?
Durch den Gehörgang flutscht sein Sang
wie himmlisch süßes Seelenglitscher. 

Und warum klingt des Rabens Ruf
wie eine schlecht gestimmte Saite?
Na, dass er eben nur ins Ohr
und nicht bis in die Seele gleite. 

© Lisa Nicolis