31.1.23

Mit lieben Gruß an meine Besucher


Morgens zieh ich die Nachtträume aus,

leg sie in irdenen Schalen,

und meine staubigen Traumsandalen

stell ich vors steinige Haus.

Hoffend zieh ich die Tage dann an,

die im Sonnenfach liegen,

lass mich vom Leben gerne verbiegen,

wenn ich auch tagträumen kann.

Deck mich tagein auch mit Träumen zu,

spinn sie aus goldenen Zwirnen,

glitzernden Fäden aus Goldgestirnen

-drückt auch der irdische Schuh.

© Lisa Nicolis

28.1.23

Die Datei


Wenn Buchstaben dich wie Drohnen bedrohen,
Datei 000 am Schirm zu dir spricht,
könnt ich unsicher auf dem Stuhl vor dir thronen,
doch irgendwie gibt es den Mensch vor dir nicht.

Würd’ das Gedöns vor dem Mund ich mir reißen,
wär es egal, denn du siehst eh nicht auf.
Wirst praxisaus mich dann höflichst raus werfen,
denn 00s gibt's nach mir sicher zuhauf.

Getriebener Ziehsohn des Hippokrates,
nächstmals erkennst du mich sicher nicht.
Nun, der Sinn meines fehlgereimten Traktates
-für dich wär ich gerne ein Ich mit Gesicht.

Die Moral vom Gedicht, für den Aktenvernichter:
er, sie schaut niemals auf;
er, sie kennt mich nicht.
Als stünd ich vor einem tauben Richter,
der grad seinen Stab über mich bricht.
***
Eins tu ich hiermit noch kund,
ich bin mehr als nur ein Laborbefund.
Was einzigst nicht in die Kanüle passt,
ist die Seele, so glaube ich, die auch du noch hast.

Die Seele könnt die Datei gut ergänzen
und sie mag es in unsren Augen zu glänzen.
So recht böse bin ich dir irgendwie nie,
du armer Sklave der Bürokratie.

@Lisa Nicolis

22.1.23

Reflexion



Ich war nie gewesen
und werd nie mehr sein.
Dazwischen ein Leben,
zu kurz und zu klein.

Mit 8 keine Sorgen.
das Leben ist lang.
Da gibt's jeden morgen
den neuen Anfang.

Mit 18 -Poussagen,
das Leben macht Spaß!
Mit 80 nur Fragen.
Vorbei schon? Das war's?

In kaum 20 Jahren,
(bedaure ich sehr),
wär's schön zu erfahren,
dass ich rund 100 wär.

@Lisa Nicolis

12.1.23

Heut Morgen um 7

Ganz verwaschen, farblos, schlicht
blickt heut durch das Wolkenmeer
jämmerlich des Mondes Licht.

Wolken hängen trüb und träg
überm Himmel kreuz und quer
Ist aus Mondes Sicht recht schräg!

Dieses Funzeln ängstlich bricht
noch durch's Grau. Und's gräuelt sehr
`s glasgräuliche Mondgesicht.

Somondig sah ich's noch nie,
Kann auch sein, da spukt einher
nur 'ne graue Fantasie.

@Lisa Nicolis


9.1.23

Ein*e Meise*r, oder so


`s ist Januar. Die Mitternacht
ist leise.
Die Lampe steht im Hof
auf einem Bein
und irgendwo verzwitschert sich
'ne Meise.
Die Nacht ist öd, sie fühlt sich
wohl allein.

Bin voller Freude, dank
der frischen Töne.
Dann schlummert sie sich fort,
wird leiser schon,
Ich dank ihr fürs Konzert,
im Herz das Schöne.
War es ein Meiser wohl,
der sprang von Ton zu Ton?


@Lisa Nicolis

Mich nervt dieser „Genderismus“. Jetzt dachte ich mir, seit heute Nacht, dass es den männlichen Meisen nicht gefallen würde, würden sie die menschliche (Un)Logik verstehen und Er hören würde, dass er eine Meise ist, obwohl er eigentlich ein Meiser in voller Männlichkeit ist.

Mensch*in, du bist nicht ganz bei Trost. Da müsste man auch noch die Nachtigall, die Hyäne und das Pantoffeltierchen gendern, denn, wenn die Feministinnen meinen, sie müssten ihre Pretentionen durchsetzen, könnten die Tierschützer zumindest das Gleiche für die männlichen Representanten der Gattungen, die in weibliche Ordnern gelandet sind, einfordern.

Ach du heiliger Birnbaum, was wird da noch alles kommen? (Eigentlich habe ich heiliger Bimbam diktiert, jetzt hat mein Gerät aber den Birnbaum geheiligt und meinetwegen soll es auch so bleiben). Tschüss, Meise*.





3.1.23

Dieser Januar lässt schon den Frühling träumen

Noch liegen erdgeborgen Farben
im Dunkeln, ahnend Licht und Wonne.
Im Stillen heilen schon die Narben
und lechzen träumend nach der Sonne.
 
Der Winter zählt bald seine Tage,
er räumt schon auf Gehölz und  Fluren.
Im Herz ich erste Blüten trage,
doch meine Seel' noch seine Spuren.
 
Auf einer Bank in Ufernähen
mit Duft des Sees, der Bäume Rinden
werd' bald den Frühling ich erspähen
und meine Sonne wieder finden.
 
© Lisa Nicolis

2.1.23

So jung wie alt

                
Frohes Neues Jahr!

Ach, liebe Leut, ihr glaubt fürwahr,
ab heut regiert das Neue Jahr?
Doch euch entgeht die eig`ne Tat,
an der doch jeder Schuld dran hat.
Ihr habt das Alte angemalt,
ein Lätzchen um den Hals geknallt,
ihm Kinderschuhe angezog`n,
behauptet, es sei neu gebor`n.
Das Alte lacht sich in die Faust,
Gutgläubigkeit, wohin du schaust:
das „Neue“ wird wohl besser sein,
redet der Mensch sich ewig ein.
Wer ist der Tor der solches glaubt,
dass fix ab heute, unverstaubt,
nur Gold dir in die Hände fällt?
`s Finanzamt zählt eh all dein Geld,
der Tod räumt weiter auf sein Feld,
den Hunger, der noch weltweit killt
wird auch vom „Neuen“ nicht gestillt.
Die Krankheit lässt sich nicht bemal’n,
Schulden wird’s „Neue“ nicht bezahl`n
und Alltag ist ja eh schon bald.
Das „Neue“ war schon immer alt!
Doch, Gott sei Dank, ´s ist ungetrübt,
das Leben, wenn man sich belügt!
So hat`s auch Großvater getan
und war doch ein zufried`ner Mann.


©Lisa Nicolis