28.1.23

Die Datei


Wenn Buchstaben dich wie Drohnen bedrohen,
Datei 000 am Schirm zu dir spricht,
könnt ich unsicher auf dem Stuhl vor dir thronen,
doch irgendwie gibt es den Mensch vor dir nicht.

Würd’ das Gedöns vor dem Mund ich mir reißen,
wär es egal, denn du siehst eh nicht auf.
Wirst praxisaus mich dann höflichst raus werfen,
denn 00s gibt's nach mir sicher zuhauf.

Getriebener Ziehsohn des Hippokrates,
nächstmals erkennst du mich sicher nicht.
Nun, der Sinn meines fehlgereimten Traktates
-für dich wär ich gerne ein Ich mit Gesicht.

Die Moral vom Gedicht, für den Aktenvernichter:
er, sie schaut niemals auf;
er, sie kennt mich nicht.
Als stünd ich vor einem tauben Richter,
der grad seinen Stab über mich bricht.
***
Eins tu ich hiermit noch kund,
ich bin mehr als nur ein Laborbefund.
Was einzigst nicht in die Kanüle passt,
ist die Seele, so glaube ich, die auch du noch hast.

Die Seele könnt die Datei gut ergänzen
und sie mag es in unsren Augen zu glänzen.
So recht böse bin ich dir irgendwie nie,
du armer Sklave der Bürokratie.

@Lisa Nicolis