24.2.24

Zum verrückten Text ein verrücktes Bild


Wenn ein Laufvogel plötzlich fliegen könnte,
würde er dem Laufen davon fliegen
und das Fliegen 
zum Laufen bringen.

Nix Konfuzius, ich habe mich selbst zitiert.

23.2.24

In meinen Blicken


In meinen Blicken
schimmern die Fernen,
auch die Unendlichkeit.
Und der Morgen
schenkt mir die Sonne
und etwas Zeit,
um sie zu lernen
- die Vergänglichkeit.

16.2.24

Februarmorgen


Ich gleite aus dem Schweigen. Groß und kalt
steht diese Stille um mich aufgebaut.
Ich höre sie zuweilen viel zu laut
und etwas hatte mir den Schlaf gekrallt.

Noch warm stiehlt sich die Nacht aus diesem Raum.
Ich hätte sie so dringend noch gebraucht.
Die Scheiben hat sie blumig angehaucht,
und floh durch Gärten mit dem weißen Saum.

Noch winterträge bricht der Sonne Schein
durchs blinde Fenster, einer Hoffnung gleich.
Die Jahreszeit hüllt, jungfräulich und bleich,
in spärlich kalten Lichtstrahlen sich ein.

In prallen Knospen keimt jetzt bunte Pracht.
Es liegt im frischen Zug der klaren Luft
schon eine Ahnung von des Frühlings Duft.
Hat er mich grad’ verstohlen angelacht?

© Lisa Nicolis

 

14.2.24

Musik verbindet


Aus einem Fenster 
löst sich ein Lied
und weint 
an dem meinen vorbei.
Der ferne herzwarme 
süße Beat
reicht gegenwärtig für zwei.

Und als das Fenster 
sich wieder schließt,
da reift ein Gedanke in mir,
dass dies Gefühl, 
das mich leis durchfließt
ein Wir ist für jetzt und hier.

Lisa Nicolis

13.2.24

Damals


So oft hatte der See mich getrunken,
die Bäume mich rauschend beflüstert,
der Kies mich ertragen und
die Bänke sich stumm
an mir satt gesessen .
Damals,
als ich im Sommer wohnte und
in der Freiheit zu Hause war.
Jetzt schlummert alles in mir.

Lisa Nicolis

12.2.24

Immer die gleichen Worte


 Schreiben
von Versen ist
wie das Anstarren
der bunten Wäsche in
der Waschmaschine im Gang.
Immer das gleiche Zeug, nur
die Farben fallen anders.
Je bunter die Wäsche,
desto wortfarbener
das Gedicht.
Oder auch nicht...

Lisa Nicolis

8.2.24

Sonntagsmorgen



Wind hüllt sich in meine Gardinen und siebt
meinen dunklen Traum. Dann fegt er den Rest von Nacht
hinaus und säubert den Raum von trüben Gedanken,
von Zweifel und Wanken. Als er dann leis vorüber weht,
ist es zu spät, um mich um ihn zu winden, um 
den geheimen Weg zu finden, wohin er die Träume trägt.
Und der Glocken blecherner Schlag führt mich zurück
in den Tag.

Lisa Nicolis

7.2.24

Alle Tage

                    
                    Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
                    sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
                    ist alltäglich geworden. Der Held
                    bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
                    ist in die Feuerzonen gerückt.
                    Die Uniform des Tages ist die Geduld,
                    die Auszeichnung der armselige Stern
                    der Hoffnung über dem Herzen.

                    Er wird verliehen,
                    wenn nichts mehr geschieht,
                    wenn das Trommelfeuer verstummt,
                    wenn der Feind unsichtbar geworden ist
                    und der Schatten ewiger Rüstung
                    den Himmel bedeckt.

                    Er wird verliehen
                    für die Flucht von den Fahnen,
                    für die Tapferkeit vor dem Freund,
                    für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
                    und die Nichtachtung
                    jeglichen Befehls.

                     
   Ingeborg Bachmann 1953

5.2.24

Februarwind


Der Himmel zieht an uns vorbei
mit Tränensäcken voll bepack.
Die Bäume greifen, winternackt,
ins alltagsgraue Einerlei.

Am Fenster rüttelt noch der Wind.
Und während er die Scheiben kratzt,
vor Übermut und Eifer platzt,
bis seine Seele Tränen rinnt 
am Fenster, 
hinter dem wir sind,
wo bald auch unser März beginnt.

Lisa Nicolis