31.7.23

Farbtupfer


Bleibt das Gelbe gern gefangen?

Gibt es Regen für das Rot?

Wird das Blaue aufgehangen?

Schreit das Weiße mal nach Brot?

Wohnt das Schwarze in der Tiefe?

Hat ein Echo jedes Grün?

Wär es still, wenn's Bunte schliefe?

Würd' das Graue gerne blühn?

Irrt die Sonne durch Kristalle,

badet sie im grellen Licht?

Oder steckt sie in der Falle,

bis die Nacht das Funkeln bricht?

Lisa Nicolis

27.7.23

Aus dem Rahmen


 Die Wirklichkeit im Rahmen,
ja, so ist`s allen klar,
da drinnen ist es immer
so schön und auch so wahr…

Doch hängst du aus der Fassung
aus irgend einem Grund,
zerreißen sich die Leutchen
entsetzt und laut den Mund.

Nun, heute ist Zerreißtag,
ich hänge mich mal raus
und will jemand was meckern
…heut bin ich nicht zuhaus,
-ich laufe grade aus.

Lisa Nicolis

26.7.23

Blindmalerei

Verlorengegangen

die Düfte des Sommers.

Das Farbenmuster nur prangt

im Tuch der Erinnerung.

Sind jetzt die Blumen gar farblos?

Und tragen die Vögel Feder,

die den Himmel nicht kennen?

Ich male Bilder des Sommers,

mit tastenden Fingerpinseln,

für jene, die ihn so sehen,

wie ich ihn wohl 

nie wieder sehen werde.

Sommerblind male ich den Sommer

für all die Sommersehenden.


Lisa Nicolis


Ich habe mein Schicksal, aber das hier ist nur ein Gedicht. Und ich bin froh und dankbar, in meiner Haut zu stecken, die keinen brennenden Wäldern und Häusern ausgesetzt ist.

24.7.23

Sommer in mir


 Ich lebte viele Sommer schon
doch keiner kehrte wieder.
Ein neue Sommer jedes Jahr
ließ warm sich in mir nieder.

Und blühte mir die Seele hell
und grünte frische Träume,
doch geht er fort, welkt auch in mir
das Laub der Seelenbäume.

© Lisa Nicolis

16.7.23

Najaden

 

Still und dunkel ruht der Teich.
Rosenblätter aus dem Garten
fallen in das Silberreich,
wo die Nymphenscharen warten.

Ist das schön im samt’nen Nass,
sich in Blütendüften aalen…
Und dann geht’s, nach prickelnd Spaß,
träumen süß in Perlmuttschalen.

© Lisa Nicolis

15.7.23

Nix Pathos, einfach Klartext


Eltern, Geschwister, Freunde, Nachbarn
-nichts als Erinnerung.
In meiner Seele so viel Staub
auf meinen einstigen Sonnentagen,
das Gerümpel zerbrochener Zeit,
die Gebeine dessen, was Leben war.

Meine Kinder, die Enkel kennen mich,
seit ich aufhörte jung zu sein,
Eltern zu haben, die einstigen
Nachbarn zu grüßen.
Es ist merkwürdig, sich so nah zu sein
und jeder kennt nur einen Teil von dir,
sie mich nur alt und ich sie nur jung.

Ich war schon, als sie nicht waren.
sie werden sein, wenn ich nicht mehr bin.

Auch in ihnen reift schon die
noch aufgeräumte Ecke,
wo ich mich 
wie ein Hauch niederlassen werde, 
um als ihre Erinnerung
zu verstauben.


© Lisa Nicolis

13.7.23

doch der Sturm kam nicht


die Uhr treibt die Nacht vor sich hin
über den Dächern und Straßen
kauert die Schwüle
ich wanke aus meinen Träumen
trinke verbrannte Luft
und die Mitternacht wirft
keinen kühlenden Schatten
mein Kreislauf windet sich laut
im Würgegriff tropischer Finger
im Pillenschrank
dem Marketender verwirrter Sinne
wartet die Ruhe auf mich
geschlossen starrt das Fenster
blind in das Leere
hier werde ich morgens nach innen kehren
und mich hinaus in das Stürmen lehnen

Lisa Nicolis

11.7.23

In der Puszta


In die Stille eingebettet
wiegen sich die goldnen Ähren
und am Fluss, an Pfahl gekettet,
schaukeln gluchzend alte Fähren.

Kornblumen sich blau verirren
in der Halme sonn’gen Schimmer
und Libellen friedlich schwirren
durch des Mittags Lichtgeflimmer.

In der Schwüle, ganz benommen,
gähnt der Mohn in müden Flammen.
In der Ferne, leicht verschwommen,
fließen Himmel, Erd’ zusammen.

Überm Fluss dringt leises Lachen
und verliert sich in den Weiden,
die den Steg kühl überdachen,
wie im ewiglichen Leiden.

”Böser Mann! Bist du durchtrieben!
Sollst das Boot ans Ufer bringen!”
”Wenn wir uns dort feurig lieben,
könnt die Glut das Land verschlingen!”

Lisa Nicolis

10.7.23

In den Karpaten

 Mit schwieligen Händen durchbricht er das Brot
und legt es vor uns auf den Tisch.
Er teilt selbstverständlich mit uns seine Not,
das knusprige etwas aus Wasser und Schrot,
und Tee aus ’nem Kräutergemisch.

Die Wände aus Lehm sind von selbiger Hand

und schützen uns jetzt vor dem Sturm.

Der Heiland blickt tröstend auf uns von der Wand

- zumindest hat er auch ein trocknes Gewand.

Im Holz eines Schranks nagt ein Wurm.

Woher wir denn sind, möcht er wissen sodann,

nach unsrem bescheidenen Mal.

Er sieht mit verwunderten Blicken uns an,

bekreuzigt sich wieder und wieder spontan.

"Aus Deutschland? Das ist kolossal!"

Der Sturm ist vorbei und wir brechen jetzt auf,

das Geld weist er schlichtweg zurück.

"Ich bin in der Hütte zu Haus und wohlauf,

ihr nehmt noch so vieles am Weg wohl in Kauf,

da braucht ihr das Geld. Und viel Glück!*

© Lisa Nicolis

8.7.23

Dreikäsehochs Sorgen

Die Wolken fallen tropfenschwer zur Erde,

sie sickern in die sonn’gestemmten Ritze.

Der Boden fängt es durstig auf, das Strömen,

und dampfend weicht die angestaute Hitze.

Der Sturm ist jetzt vorbei, die Luft ist klarer.

Der Regen liegt als Duft noch auf den Gärten.

Die Menschen trau’n sich wieder aus den Häusern,

um all den wüsten Schaden zu bewerten.

Im Hof, auf dem Asphalt, ganz selbstverständlich,

sich Pfützen nehmen Zeit nach all dem Rinnen

und ruhen wie zerstreute Spiegelscherben.

Paar Wolkenfetzen spiegeln sich nur drinnen.


Dreikäsehoch steht still am Rand der Pfütze,

bestaunt das Stückchen Himmel vor den Füßen.

"Ach Mama, bitte komm doch nicht so nahe,

du könntest reinfallen und in den Himmel fließen!"


Lisa Nicolis


Der Spruch stammt von meinem Ältesten, als er drei Jahre alt war.

6.7.23

Im Garten

 Wieder spinn ich bunte Fäden
und dann jeden
die Gedanken mir verweben
zu `nem Tuch
voller blumigem Geruch

-Dufttabak und wilde Kräuter...

Traumverhangen, dämmrig streut er,

in versunk'ner Sonne Rahmen

Träumesamen

dieser seichte Abendschimmer.

Andächtig und still, wie immer,

schöpf aus dämmerigem Blau

ich ein ew'ges Sternenahnen

über Großstadtlichterbahnen,

sitzend hier im Erdengarten,

wo die warmen Nächte warten,

dass ein Windeshauch sie kühlt.

© Lisa Nicolis (auf Besuch 2014)

5.7.23

Pfirsichblüten auch vorbei


Pfirsichblüten, zart und rosig,

wie ein keuscher Kindermund

- oft hab ich sie still betrachtet

und bewundert manche Stund.

Pfirsichblüten- längst vergangen,

erste Liebe- auch vorbei...

All die wohlig süßen Früchte

erntet man wohl nicht im Mai.

Stürme werden sie noch prüfen,

ob sie wert des Reifens sind.

Und sie werden sich entfalten

wie auch du, enttäuschtes Kind.

Blumen schenkt uns jeder Anfang,

duftig jedes Blütenblatt.

Doch dein Leben wird aus Früchten

der Beständigkeit nur satt.

© Lisa Nicolis


4.7.23

Meer


Endlosweiten brechen an den Strand.
tausend Strahlen leuchten in den Wellen.
Ich verlier mich, im Geschrei der grellen
Möwen, in dem gischtgewälzten Sand.

Ach, du Meer, wie liegst du in der Zeit,
wohl gebettet, an die Welt gebunden.
Zählst in weißen Nächten nicht die Stunden,
bist gefangen in der Ewigkeit.

Meine Zeit ist endlich und schon spät.
Doch das Seelenjung, schon bitter schauert
von dem Irgendwann, das in mir lauert,
wo kein Nachtgestirn mehr kommt und geht.

Wieg dich schäumend, tosend bis zum Grund,
in dem Ruhloswähren der Gezeiten.
Lass dich abendlich vom Mond begleiten
auf dein Wellen übers Erdenrund.

Werde dich aus einer andren Welt
sicherlich als Brise wieder finden,
mich im Flug um deine Weiten winden,
ewiglich, solang es mir gefällt.

© Lisa Nicolis

3.7.23

Eine sturmfreie Woche allen!


Die Regenwürmer

Es war ein wunderschöner Sommertag 1982.
Gerade von der Arbeit gekommen, stellte ich mein Fahrrad im Hof ab und begab mich ins Haus, um mich um zu kleiden.
Am Nachhauseweg hörte ich hinter mir, aus der Ferne, ohne dass ich zurückgeschaut hätte, das leise Donnern und wusste schon, dass irgendwo in der Nähe ein Gewitter ist. Dass es aber so schnell auch hier los geht, konnte ich nicht wissen. Kaum, dass ich über die Schwelle gekommen war, flogen schon Zweige und ganze Äste über den Hof, rollten Pflaumen, halbreife Äpfel und Birnen durcheinander. Ich schloss entsetzt die Tür und sah, wie das halbe Dach vom Haus des Nachbarn gegenüber einfach wegflog und vom dem seines Nachbarn nebenan sich Ziegeln vom Dach lösten. Die Bäume auf der Straße konnten sich kaum halten und als ich ans Fenster lief, das gegen den Hof lag, sah ich weit draußen im Garten, wie sich die Pflaumenbäume lichteten und Teile von ihnen durch die Luft flogen.
Scheinbar war niemand zu Hause und ich fürchtete, dass die Kinder, oder sonst jemand aus der Familien, von diesem Sturm im Freien erwischt wurden. Regen prasselte wie verrückt an die Scheiben und ich erwartete jede Minute, dass irgendetwas dagegen prallt.
So schnell wie der Sturm gekommen war, ebbte er auch ab.
Ich ging in den Hof hinaus und konnte es nicht fassen, wie so ein Chaos in paar Minuten entstehen konnte. Zuerst sah ich nach oben, doch das Haus war unversehrt geblieben. Dann ging ich in den Garten und sah, dass drei Pflaumenbäume samt ihren Wurzeln quer über die Bete lagen. Ich traute mich kaum zum Gewächshaus rüber zu schauen, wo meine riesigen wunderschönen Tomaten bis vor kurzem dufteten.
Es war schön zu sehen, dass die Werkstatt und der Schuppen dahinter das Schlimmste verhindert hatten. Zwischen den quadratisch angebrachten Metallstäben auf dem Dach des Gewächshauses hatten sich nur Beulen gebildet, die voller Wasser ins Innere hingen.
Ich nahm einen Besen und drückte von innen die Blasen hoch, damit das Wasser abfließen kann.
Erst nach einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass sich in fast allen Minischwimmbecken eine Menge Regenwürmer angesammelt hatten.
Mein Mann kam gerade nach Hause und sah sich entsetzt um. Ich zeigte ihm, was ich alles an Schäden schon vorher entdeckt hatte. Dann sagte ich ihm: „Du, ich glaube, es hat Regenwürmer geregnet“.
Er sah mich konsterniert und belustigt an.
Und ich erzählte ihm die Sache mit dem Gewächshaus und den Kriech- und Wühltieren.
Rede keinen Unsinn. Woher sollen die Regenwürmer gekommen sein?“
Sie waren da. Und sie sind auf keinem Fall hochgekrochen, um ein Sonnenbad zu nehmen. Auf der glitschigen Plane wären sie doch heruntergefallen. Außerdem habe ich noch nie Regenwürmern nach oben kriechen gesehen. Hast du eine andere Erklärung?“
Sag das bloß keinem, sonst könnte man dich verdächtigen, der Sturm hätte bei dir auch Schäden hinterlassen.“
Ich war richtig gekränkt, doch froh, dass die Familienmitglieder einzeln eintrafen. Wir begannen den Hof zu säubern. Alle sprachen durcheinander, erzählten, wie und wo sie den Sturm erlebt hatten, doch ich war in Gedanken bei den Regenwürmern.
Herrgott, ich wusste doch, was ich gesehen hatte! Tatsache war, dass ich selbst bezweifelte, dass es nicht nur Wasser regnen kann. Wie sollten die Viecher in die Wolken gelangt sein? Und wenn schon, sie sind schwerer als ein Regentropfen und hätten sich zumindest in Ungarn ausgeregnet. Doch es nicht bis exakt auf mein Gewächshaus geschafft.
Da fiel mir ein, dass der Sturm die Pflaumenbäume entwurzelt hatte. In der Grube und um den Wurzeln herum war da wahrscheinlich alles voller loser Erde, samt Regenwürmern. Der Sturm hatte nicht nur die Äste durch den Hof getrieben, sondern auch die Erde mit den Regenwürmern. Auf dem Flug hatte der Regen wohl die Erde zersetzt und die unfreiwilligen Schwimmer landeten -zig Metern weiter auf dem Gewächshaus.
Ich hatte für mich die Lösung gefunden und war überglücklich, dass das zermürbende Gedankenkarussell endlich aufhörte.
Ein Nachbar ging vorbei und rief über den Zaun: „Euch hat es auch ordentlich erwischt.“
Immerhin nicht wie die da drüben,“ rief mein Mann zurück.
Oh, ich hab mir das Desaster angeschaut. Da sind einige recht schlimm davongekommen.“
Mein Mann näherte sich ihm und sie quatschten angeregt miteinander.
Und plötzlich, ich traute meinen Ohren nicht, sagte mein Mann mit ernster Stimme:
Du, stell dir vor! Es hatte sogar Regenwürmer geregnet!“

Leider hatte ich das Gesicht des Nachbarn nicht gesehen.

Lisa Nicolis

2.7.23

Gegooglete Heimat


Wild verwachs’ne Wassergräben,

schiefe Zäune, altes Haus

all das wollt ich nochmals leben,

zieh mit Google Maps hinaus.

Freue mich der blum’gen Wiesen

vom Akazienwald gesäumt,

blühender Kastanienriesen

-all das 50 Jahr’ versäumt.

Will noch sehn die wilden Rosen,

Schafgarben am Wegesrand

und der Kindheit wolkenlosen

Himmel. Nehm’ die Maus zur Hand.

So, jetzt flieg ich mausgesteuert

über'm Kindheitsboden hin,

neugierig verabenteuert,

bis ich dann gelandet bin.

***

Betonierte Wassergräben,

Zäune, gusseisern und kalt,

Straßen- ein Asphaltverweben,

keins der Häuser ist noch alt.

Und der Sumpf am Dorfes Rande,

gänseblumig reich umsäumt???

-Oh, ich steh verlor’n im Lande.

Das hab ich mir nie erträumt.

Meine schönen Kindestage

brechen schmerzlich weg im Nu,

Schönes, das ich in mir trage

betoniert mir Google zu.

Das Vergang’ne ist Atlantis

in der Zeiten Ozean.

Die gegooglete Erkenntnis

fühlt sich nicht nach Heimat an.

© Lisa Nicolis

1.7.23

Nichts ist so, wie es scheint

Die Sonne, die mich dem Leben gab,

war im Wolkengewirr gefangen

und eh ich es endlich entworren hab,

war die Sonne unter gegangen.

© Lisa Nicolis


 

Diese Blumen im Bild habe ich in Sieghilds Garten gepflückt. Danke dafür!

Der Hof vor meinem Fenster ist fertig gepflastert, für Parkplätze eingerichtet. Ich glaube, ich vermisse den Schutthaufen, wo sich mittlerweile die Natur ihr Terrain zurückerobert hatte.

In der Schutthaufenzeit habe ich für mich die Natur neu entdeckt. Einen gelben Rosenbusch in einer Ecke haben die mir gelassen. Doch der steht eigenwillig da und auf dem Schutthaufen sprossen nur winzig kleine Blümchen, Vergissmeinnicht, Gänseblümchen und wie sie alle heißen. jeden Tag etwas Neues wie von Gottes Hand gepflanzt. Es schienen mir tapfere kleine Wesen zu sein, die die Rose mit den etwa 50 Rosen, mit all ihrer Pracht, in den Schatten stellten. Die Kraft zu haben, sich in dem unwegsamen Gelände Lebensraum zu schaffen, verdiente alle Achtung. 

Eigentlich hatte mich gar nicht das Durcheinander im Hof gestört, ehe nur dieses Schutzgitter vor meinem Fenster. Man denkt, da ist alles tot und plötzlich merkt man, dass nichts so bleibt, wie es scheint. Alles um uns herum hat eine eigene Dynamik und wenn man genau hinsieht, merkt man wie faszinierend diese sein kann. 

Ich wage zu bezweifeln, dass mir der Parkplatz so viel Abwechslung bieten wird.