30.4.23

Manchmalmond


Ein paar Quadratmeter großer Himmel in Sicht. 
Natürlich, wenn er sich wieder zeigt und nicht 
anderweitig beschäftigt ist, seh ich den Mond. 
Bis diese Häuserschlucht, in der man wohnt, ihn mir frisst.
Heut leuchtet er mit der Venus synchron, Ton in Ton,
über dem Arbeitsgericht, im Hof gegenüber.
Ich hole ihn heute vom Himmel, 
ich bau ihm ein Nest aus frisch blühendem Geäst
und hänge ihn morgen wieder mit etwas Glück, zurück 
an den Himmelsnagel.
Ein wahres Mirakel.
Er müsste nicht ständig um die Erde kreisen, ihr die Treue beweisen.
Es wäre einfach nur schön, 
wenn ich ihn abends da drüber hänge. 
Dann würdest du, morgen zur Nacht, zusammen mit mir, 
ihn etwas länger sehn.

Lisa Nicolis

24.4.23

Morgens



das Fenster breitet die Flügel aus
an mir vorbei
läuft täglich der gleiche Weg
um die Ecke
nach Süden

dort verzweigen sich meine Gedanken
in Palmenhainen
und die Gefühle
erkunden
wie immer
die Höhen und Tiefen 

ein Flugzeug bohrt sich
ins Blau
jetzt legt sich der Weg
in sich selbst zurück
und meine Sehnsucht
malt Kondensstreifen 
auf den Himmel

Lisa Nicolis

22.4.23

Zum Glück können die Gedanken wandern


Die Sonne scheint, die Weite lockt,
die Wand treibt wieder Blüten.
Wird wieder Eine, die da hockt,
die Wände treu behüten.

16.4.23

Einen lieben Gruß in die Welt!



Die Botschaft

Gedichte sind Bauten
aus Silben und Worte
zusammengesetzt.
Sie strahlen in Farben,
sind schillernde Orte
mit Säulen besetzt.

Genial- schöne Schlösser,
Fassaden aus Glimmer,
Reflexen von Licht.
Doch wäre es besser,
da drin wäre immer
ein Wesen, das spricht.

Ich streune durch Räume,
die hohl und befremdend
ich fühl.
Ob ich was versäume,
in Unverstand endend,
weil ich niemand spür?

Und dring ich in Häuser
mit marmornem Boden,
nichts sagendem Raum,
bin ich auch nicht weiser
und bin drin verloren.
Vergeblicher Traum…

Doch liegt eine Botschaft
am Fuße der Treppen
zum prunkvollen Haus
dann hast du’s geschafft,
mein Verständnis zu wecken.
Jetzt kenn ich mich aus.

© Lisa Nicolis

2.4.23

Zuhause

 

In meinen Gedichten
bin ich zuhause.
Hier darf ich mich hineinträumen.
Vom Winde mich holen lassen.
Mich versamen,
verpflanzen,
aufgehen in allen Jahreszeiten
-wenn auch nur als winziger Grashalm
auf meiner Seelenwiese,
als Mooskissen am Fuß einer Buche
in meinem Seelenwald,
als sterngepflückte Flocke 
in meiner Welt,
wo ein Dezember sich noch immer
in die Weihnacht schneit.

Lisa Nicolis