27.4.25

Eindimensional


Würde ich die Unendlichkeit 
dieses Meeres betreten, 
wenn es kein Ufer gäbe? 
Sie würden mich tragen, 
die Wellen, doch Halt 
gäbe es nicht.

Trotzdem
liebe ich sie, 
auch wenn sie im Rausch
wild um sich greifen. 
Oder deswegen.

Eindruck 
wird mein Empfinden hier
nicht hinterlassen und 
meine Schritte im Sand 
verwischt eh 
der Mond heute Abend

Lisa Nicolis
 

26.4.25

Die Wolken



Ich hab's verloren, das Gedicht.
das Wolken, Wind, auch Mut verspricht. 
  Selbst einen Stern wollt ich dazu,
und Stille nach dem Sturm, und Ruh.

Dann flog der Wind plötzlich davon,
der Stern schmückt wieder Gottes Thron. 
Verlor'ner Vers, verlor'nes Glück:
nur Wolken blieben seelenweit zurück

Lisa Nicolis

25.4.25

Lyrisches Dilemma


Ich suche oft nach Wort und Reim
und will Gedanken malen.
Doch manch ein Bild erstickt im Keim
unter verrückten Qualen.

Die eine Strophe- fast perfekt.
Jetzt könnte ich mich freuen.
Doch schon wird’s weiterhin suspekt
-man soll nicht Blumen streuen…

Wer mag schon all die Blümchen sehn,
die durch den Kopf mir schwirren?
So "durch die Blume" würd's noch gehn,
in Gleichnis mich verirren.

Die Welt beschreibt sich schlicht und schön
unter den Zulukaffern…
Hier will man sie halt anders sehn
-in Kuben und Metaphern.

Lisa Nicolis

23.4.25

Morgens


Morgens, düster und schwül. 
Der Traum klammert in mir 
und ich träume ihn weiter, verwirrt, 
mit offenen Augen. Als wär ich 
noch immer in ihm gefangen, 
im Bann der Medusa verirrt. 
Und die Schlangen...
verflochten in Ketten.
Köpfe sie, Perseus, eile, 
bevor sie den Schleier lüftet,
 ich völlig versteinre. 
Will raus aus dem Traum,
aus den Ketten
und ich brauch 
meine Blutdrucktabletten.

Lisa Nicolis

14.4.25

Der Anfang ist ein Schrei, am Ende nur noch Stille

Du wohnst doch so schön
und du hast, was du brauchst,
versucht man dir promt zu erwähnen,
wenn einer sie merkt,
längs am lächelnden Mund,
die Spuren von heimlichen Tränen.

Ein Leben lang
tosendes Leben um dich,
dann Stille, barrier'nfreies Ende.
-Sie ahnen es nicht,
was man täglich erfühlt:
Familie sind nicht all die Wände...

Lisa Nicolis

11.4.25

umWANDeln


Vor meinem Fenster streut die Sonne Frühling. Die Blicke
sammeln ihn mir ein. Nur dürsten alle Sinne nach der 
Freiheit, nach Blumenduft, nach Feld und Hain, nach Licht 
und einem seichten Wind.
Und ich ersehne mir ein leises Beben, das alle diese 
Wände sprengt, die mich seit Jahr und Tag umgeben, 
ertragen, tragen und auch Gefängnis sind.
Ein Beben, das alle Türen sprengt und 
alle Schwellen mir entschwellt. 
Auch die in meinem Kopf, in meiner Innenwelt. 
Die sitzt da fest und keiner da, der mir 
den Punkt bezeichnet, aus dem ich 
meine Welt aus allen Angeln heben könnt. 
Oder mich schubst, zumindest mal der Klinke 
meine Hand zu reichen und mir den 
Herzschlag gönnt, wenn sie mich durch das Loch 
in dieser Wand den Frühling atmen lässt.
Ich bräuchte eine App, um mich zu aktivieren. 
Da fielen alle Wände, es öffneten sich Türen.
Ich müsste meine Welt nicht aus den Angeln heben, 
ich muss nur wieder lernen, zu atmen und zu leben.

Lisa Nicolis

10.4.25

Frühling



Zwischen
die seufzenden Bäume
streut der Wind
sonnige Scherben.

Fliederduftend
werfen Schatten
dunkle Rätsel
über den Weg.

Und die Kirschen
blühen sich weiß
in ihr saftiges Rot hinein. 

© Lisa Nicolis



5.4.25

April


hoch oben
himmelt es klar
im Garten wunderbar tragen Duftgarben 
 wieder kirschblütenzarte Farben 
unterm Baum in den frischen 
Gräserkissen rekeln 
sich längst schon
Narzissen
Tulpen säbeln sich
durch den April
und ich will
ich will
wieder Frühling atmen

© Lisa Nicolis

1.4.25

Leicht isses nicht


Das Altsein -nie geprobt im Leben.
Wozu? Das Jungsein war zu schön.
Und jetzt probiere ich die Jugend,
doch jung sein, das wird nie mehr geh’n.

Ja, plötzlich bin ich alt geworden.
Dass es so schnell geht – nie gedacht.
Doch hätt‘ ich's Altsein proben können
-mehr Jugend hätt‘ es nicht gebracht.

Lisa Nicolis