16.7.25

Die Zeit


Die Zeit ist nicht alt.
Sie hat kein Gesicht.
Die Zeit ist nicht schnell.
Sie hat kein Gewicht.

Die Zeit hat nicht Zeit.
Sie hat keinen Raum.
Die Zeit ist nicht bunt.
Sie lebt keinen Traum.

Die Zeit nichts verspricht.
Die Zeit nichts vergisst.
Die Zeit nicht vergeht.
Sie wird nicht, sie ist.

Ist messbar auch nicht.
Vergebens die Uhr.
Die zeigt uns doch nur
der Vergänglichkeit Spur.

© Lisa Nicolis

15.7.25

Das Zitteraalquarium


Zitteraal
zitteraalt
Zitteraalin
im Zitteraalquarium

Zeitzeugen
zertifizieren
Zitteraalität

Zitteraale 
&
Zitteraalinnen
zelebrieren
zitteraalige
zitterenganliegende
Zitteraa(d)lige

Lisa Nicolis

14.7.25

Grün und blau


Morgens haftet 
der erste Blick an die 
winkenden Baumkronen am 
Fenster. Das Grün tönt 
meine Augäpfel,
fließt in mein Innerstes,
durchzieht mein Blut,
färbelt meine Zellen
und ich 
grüne in das 
Grün und Blau 
des Alltags 
hinein.

Lisa Nicolis

Lass uns träumen


Lass uns träumen,
dass unsre Sorgen
transparentes Flügelschlagen
wären,
ein Hauch im Sonnenwind,
der sich
als Sternenstaub
auf Nebelpfade
der Milchstrasse
begibt,
ganz weit entfernt…
und erdbefreit…


Lis© Nicolis

13.7.25

Da stehen

 



Da stehen, ist in Ordnung.
Dumm dastehen, weniger.
Wie stehe ich dann da,
wenn ich wieder nur da stehe,
ohne gut dazustehen?


© Lisa Nicolis

12.7.25

Abends




Wieder spinn ich bunte Fäden
und dann jeden
die Gedanken mir verweben
zu `nem wohlig frischen Tuch,
voller blumigem Geruch.

-Duftttabak und wilde Kräuter...
Traumverhangen, sachte streut er,
in versunk'ner Sonne Rahmen,
gold'ne Samen
dieser seichte Abendschimmer.

Andächtig und still, wie immer,
schöpf aus himmelsdunklem Blau
ich ein ew'ges Sternenahnen
hinter Großstadtlichterbahnen,
sitzend hier im Erdengarten,
wo die warmen Nächte warten,
dass ein Windeshauch sie kühlt.

Lisa Nicolis

 

11.7.25

Alltag

 


„Komm, Alltag, nimm mich an der Hand
und gehen wir spazieren.
Paar Schritte weiter übers Feld,
dahin lass dich entführen.

Zum Rummelplatz, da möchte ich hin,
wo ich sonst nicht so gerne bin.
Doch heute lass dich führen.
Komm, beide gehen wir aus 
und schnurstracks, lieber Alltag,
sind wir im Spiegelhaus.

Siehst du, wieviel Gesichter an einem Alltag sind?“
„Dann führ mich öfter aus, mein langweiliges Kind!“

Lisa Nicolis

10.7.25

Fernweh



Irgendwie braucht mein Träumen
viel Himmel und See.
Klein ist mein Platz
hier im Raum,
wo ich steh.
Bau mir dann Brücken,
bis weithin
zum Horizont,
wo meiner Sehnsucht
Erfüllung wohl wohnt.

© Lisa Nicolis

9.7.25

Die Entscheidung



Wie brichst du dich entzwei,
wenn deine Schmerzen toben,
doch andre lauter sind?

Auf welche Wunden
legst du deine Hände?
Auf fremde?
Wenn deine näher sind?

Bist du dem Gott,
bist du dir selber teurer?
Oder sind nebenan
die Schmerzen 
ungeheurer?

Wie brichst du dich entzwei,
dass du ein Ganzes bleibst,
obwohl du dich zu Scherben leidest?

Wie wiegst du Leiden auf,
ohne dass du’s Gewissen
in die Enge treibst?

Dann ebbt durch
deine Hände
dieses Klagen.
Und ein Remedium für dich
ist Antwort auf die Fragen.


Lisa Nicolis

Wenn jemand um Hilfe schreit und du selber Hilfe brauchst, was machst du dann?

8.7.25

Agoraphobisches


Als heut die Straße sich
in meinem Blick verfing
und freudig,
nach so langer Zeit,
auch meinen Herzschlag tönte,
ließ ich mich
heldenhaft und sachte
von ihr
die Häuser lang begleiten
und suhlte mich
in ihrer sonn'gen Endlichkeit,
bis sie mich um die Ecke brachte.
 

© Lisa Nicolis