6.7.25

Julischwüle

 


Im Mond hat sich ein Stern verfangen,
`ne Wolke sitzt am Schornstein fest.
Im Kirchturm Glocken müd verklangen,
da baut ein Flugzeug jetzt ein Nest.

Ein Leuchten springt aus allen Fenstern,
ein Strahl bricht grad sich das Genick.
Das Martinshorn, beliebt bei Gangstern,
blöckt in die Stille einen Knick.

Die Julinacht ist schweißgebadet,
die Luft steht wassrig ringsherum,
da schwimmt ein Fisch ganz unbeschadet
vorbei. Jetzt wird es mir zu dumm.

Die Nacht steckt feucht in allen Ecken,
`ne Lampe spuckt den Hof voll Licht.
Der Irrwitz spielt mit mir Verstecken,
in diesem surreal'n Gedicht.


© Lisa Nicolis

5.7.25

Aufbäumen



Auf dem Weg zum Verständnis
-kein Ziel in Sicht.
Der Ärger streut seine Stolpersteine
und ich stolpere ins Aufbäumen,
bis ich aus allen Wolken falle.
Der Ahorn vor meinem Fenster nur
menschelt vor sich hin.
Auf Bäumen ist Verlass.

Lisa Nicolis

3.7.25

Wer ihn nicht kennt, soll ihn nicht suchen


Zwölfhundert Stundenkilometer sind's durch den Äther.
Sie reißen die Tür auf (ja, wie sind denn die drauf?)
und schubsen mich in die TropopAUse.
Jadann, Lisa, sause, so sause 
durch die Tro- oh- oh- posphäre,
kollidiere mit all dem A- ah- ah- rgon
und dem O- oh- oh- zon
- eine Chimäre 
vorbei an dem Stoff, an dem du 
fast ersti- ick- ick- ickst,
☁☁ bin benebelt,
verwirrt mein Geist,
❄❄❄mein Blut ist vereist.❄❄❄
Verflixt!

Am Ende wirds nett,
ich lande im Bett.
Und prompt 
staunt alle Welt,
woher das Empfinden kommt,
dass man 
von Himmel fällt?

Mein jämmerliches Gewinsel,
ich Einfallpinsel, 
verrät allen doch
-es ist ein 
Lagerungsschwindel.

L A G E R U N G S S C H W I N D E L
L A G E R U N G S S C H W I N D E L
L A G E R U N G S S C H W I N D E L

***
Merke, mein Freund,
darfst deinen besten Feind 
beschimpfen,
doch unmenschlich wär es,
ihm einen Lagerungsschwindel 
zu wünschen.
***
Wärs nicht so peinlich würde ich mit Lisa Nicolis zeichnen.


Okay, so fühlt es sich an, bei einem Lagerungsschwindel, als ob man aus 10.000 Metern fällt, ohne Fallschirm, ohne Engelsflügeln und ohne marypoppinsschen Eigenschaften. Und dazu mit Flugangst. 
Dann ist plötzlich diese Frau Doktor da (habe wahrscheinlich zu laut geschrien, als die Lage schwindelig war😂). Sie setzt mich auf die Mitte der Bettkante, nimmt mein Gesicht zwischen ihre Hände, dreht meinen Kopf leicht nach links und schubst mich nach rechts mit aller Kraft auf die Bettkante (nachdem sie  vorher Aufklärung geleistet hatte und Ermutigung zum Masochismus gab). Lagerungsschwindelbewältigungstherapie. 
Ich lande gefühlsmäßig nicht auf der Bettkante, sondern in der Hölle und von dort wieder in alle sonstigen Sphären. Ich rufe den lieben Gott an und bitte lautstark um Hilfe. Erst nach viel zu vielen Sekunden werde ich wieder eins mit dem Bettrand. Dann das gleiche Ritual, nur in die entgegengesetzte Richtung. Mit dem gleichen Horror in den Knochen. Sie schubst mich immer wieder aus dem Flugzeug (damit sich die Kügelchen im Ohr zurechtkugeln) und wenn ich aus dem Koma erwache, kriege ich jetzt jedesmal einen Lachanfall. Ich stelle mir dann vor, mit welch irren Blick ich die Frau Doktor wohl anstarre, wenn ich grade bettrandig lagerschwindele. Das Geschubse ist eigentlich lustig. Nur wenn ich am Bettrand lande, kommt ca 15 Sekunden lang diese ekelhafte Schwindel. Wenn der Schwindel aber verschwindet, dann verschwindelt er auch und ich darf auch wieder lachen.
Ich soll das nun jeden Tag selbst, unaufgefordert, freiwillig wiederholen.
Leider wird dieser Lagerungsschwindel in gewissen Abständen wiederkehren, sagt sie kleinlaut.
Ergo, ich soll diesen gegenwärtigen Lagerungsschwindel wach halten, bis der nächste kommt? Nicht froh sein, dass er nur bei bestimmten Kopfbewegungen auftritt, sondern jeden Tag -zigmal den Horror durchleben mit der "Eigentherapie"?
Nee, das tue ich mir nicht an. Ich warte lieber geduldig auf die nächste unangenehme Überraschung, die mein Körper parat hält und dann vergesse ich eh diesen Lagerungsschwindel ernst zu nehmen. Wahrscheinlich haben wir uns bis dahin schon angefreundet. 
Und diese Kügelchen im Ohr –die liegen weiterhin durcheinandergewürfelt da. Orientierungslos, wie sie sind, finden sie leider , nicht wie ich, wieder zurück in ihr eigenes Bett. Da könnte ich meinen Kopf noch so oft gegen die Wand schlagen.😁





2.7.25

Seelentausch


Der Zufall blickt aus meinem Fenster,
hängt sich an die Fersen
der Frau gegenüber.
Ich, in ihren Schuhen,
gehe an mir vorbei,
sorglos wie nie,
dahin wo sie mir nie mehr
begegnen wird.
Und sie schaut mir
aus meinem Fenster nach
mit meiner abgestumpften Trauer,
aus der sie nie erwachen könnte,
wenn ich nicht wieder
in mich zurückkehren würde
hinter meinen Fenster,
in meine Latschen,
die nie weiter kommen 
als unter den Tisch.

Lisa Nicolis

1.7.25

Das verborgene Licht


 
Ach, hätt’ ich wieder Zeit, hätt’ Muße,
mich mal im Inn’ren zu begehn,
da hab ’nen Optimist ich stehn.
Von ihm würd mir
zum frohen Gruße
ein Hauch von Licht herüber weh’n.


© Lisa Nicolis