20.2.21

Lebensabend

Ich fühle mich gleich einem Kind,
dem gönnerhaft der späte Abend
paar letzte warme Strahlen schenkt,
die ihm ein stilles Mahnen sind,
während es hoffnungsvoll, doch zagend
zum Hingang aller Tage lenkt.

Auch wenn es Mutters Stimme wär,
die ruft, mein Kind, es ist schon spät.
Komm heim, der Tag ist nun vorbei.
Er war ein Traum, kehrt nimmer mehr,
wie alles, das einmal vergeht.
Lass los, mach deine Seele frei.

Als bräche mir das Herz entzwei,
möchte ich Aufschub mir erfleh'n,
bevor ich bald schon nachtsenteile.
Ach, Mütterchen, ich komm. Wobei,
bevor wir uns dann wieder sehn
-lass, bitte, mich noch spiel'n!
Nur eine Weile! 

© Lisa Nicolis
 
In Gedenken an alle Menschen, die jetzt so brutal aus dem Leben gerissen werden.