17.9.25

An die Sonne

 


Jahreszeit,
gezeichnet vom Druck
bleischwerer Wolken,
nebelträchtiger Tage
feuchtem Atem,
Ausdünstungen
regenschwangerer Erde.

Du Mächtige,
lebensweckendes Gestirn
über gewittergeladener Decke,
stehst kraftlos
und ohnmächtig
hinter flaumigen Grenzen.

Mit Schleierarmen
wehrt sich,
gegen die Funken
deines Strahlenschwerts,
du feuriger Goliath,
David- Erde.


Lisa Nicolis

15.9.25

Erwartung



der Morgen badet
im spärlichen Licht

über die Dächer
kriecht mühsam
der neue Tag

lässt sich
in dunkle 
Straßenschluchten
gleiten

in meinem Nacken
krampft noch
die Steife der Nacht

und wieder
überschwemmt
mein Briefkasten mit Wörtermüll
meine Hoffnungen


Lisa Nicolis

14.9.25

Herbstspaziergang


Die Schuhe schleifen gleichmütig
über das Pflaster,
die Jacke schlenkert mit
mit Fingernspitzgefühl
und es ist kühl.

Die Hose schickt sich an
modisch zu kneifen,
während die Schalenden,
verloren flatternd,
um sich greifen.

Die Brille schweigt sich aus
über das alles,
was sie sieht,
die Tasche weiß schon
was ihr blüht.

Die Mütze
mit den gelben Streifen
blickt mal nach links,
blickt mal nach rechts,
auch ohne etwas zu begreifen.


Lisa Nicolis

11.9.25

Hortensien




Sie rosten vor sich hin, unsre Hortensien im Garten.
Die Dolden hängen trist und braun, 
nur ein paar Blütenaugen schaun 
sich müde um und warten,
vielleicht auf Regen, 
auf ein andres Wunder,
das kurz vorüber zieht. 
Wie ich des nachts, wenn ich im Sterben liege 
und morgens mir dann doch ein neuer Tag erblüht.
Ach, könnten sie mich fühlen, 
wie ich mit ihnen leide,
weil sie sich kaum noch halten können
und weil sie trotzdem Haltung wahren,
 so würdevoll und still.
Und wenn ich mich verneige, 
um ihnen so zu danken, 
dann für die Schönheit, sommerlang, 
und für ihr Sein, um sie als Gabe 
drin im Herzen zu behalten.

Lisa Nicolis

9.9.25

Tierisch verbockt

 



Eingeigelt,
hundemüde,
Laus läuft über meine Leber
und mit diesem Floh im Ohr,
such ich dummes Huhn den Fehler
über einer Eselsbrücke,
die ich kurzerhand verlor,
um aus sauschwer‘n Sauereien   
affengeilig zu entfliehen.
So ist‘s gut, 
wenn ich nicht Kröten,
aber einen Vogel habe
und von dannen könnte fliegen.
Hoff, ich muss nicht Federn lassen,
das wär schade, wo ich grade
`n spinnenfeind'gen Ziegenpeter
in die Knie gezwungen habe.
Und noch zickig und benommen 
bin ich auf den Hund gekommen.


Lisa Nicolis

6.9.25

Ich bin



Bevor ich gewesen war, war ich nie gewesen. 
Nachdem ich gewesen war, werde ich nicht sein. 
Zwischen war ich nie gewesen und werde ich nicht sein, 
ist die Zeit, gemessen an der Ewigkeit, 
eigentlich nicht gewesen. 
War ich dann jemals gewesen?

Also bin ich dankbar, 
nachdem ich nicht gewesen war 
und nicht sein werden, 
dass ich bin.


Lisa Nicolis