24.9.20

Die Ruine

 

Wie sich die Mauern
aneinander klammern,
wie heimlich jeder Schatten
an ihnen längs
in aller Mondnacht flieht,
die Zeit, entseelt,
sich aus der Wirrnis
dieser greisen Wände schält,
der Sturm um
hohle Türme jammert
und wieder weiter zieht.

Der Himmel, wie
zerrissnes Tuch,
sich drüber spannt.
Aus allen Wunden
rieselt, trist wie Fluch,
der Sand.
Die Treppen führen
nirgendwärts
ins Land.

Noch samten
legt das Moos hier
eine Lebensbrücke
von einst zu jetzt
über die alten Steine.
Nur manche Krähe reißt
daraus
die schönsten Stücke,
holt sich das letzte Leben
aus dem Tief
alleine.

Der einst so stolze Bau
bei jedem Hahnenschrei
ergraut
und ins Vergessen fällt.
Nur noch
das Morgenrot devot
das Unausweichliche,
das Ende,
so göttlich sanft,
vertraut,
in seinen warmen
Armen hält. 
 
(c)Lisa Nicolis