31.8.25

Du, Meer



Endlosweiten brechen an den Strand.
tausend Strahlen leuchten in den Wellen.
Ich verlier mich, im Geschrei der grellen
Möwen, tief im gischtgewälzten Sand.

Ach, du Meer, wie liegst du in der Zeit,
wohl gebettet, an die Welt gebunden.
Zählst in weißen Nächten nicht die Stunden,
bist gefangen in der Ewigkeit.

Meine Zeit ist endlich und schon spät
und das Seelenjung schon bitter schauert
von dem Irgendwann, das in mir lauert,
wo kein Nachtgestirn mehr kommt und geht.

Wieg dich schäumend, tosend bis zum Grund,
in dem Ruhloswähren der Gezeiten.
Lass dich nachtshin von dem Mond begleiten
auf dein Wellen übers Erdenrund.

Werde dich aus einer andren Welt
sicherlich als Brise wieder finden,
mich im Flug um deine Weiten winden,
ewiglich, solang es mir gefällt.


© Lisa Nicolis

30.8.25

Die Ruine



Wie sich die Mauern
aneinander klammern,
wie heimlich jeder Schatten
in aller Mondnacht fällt,
die Zeit entflieht,
sich aus der Wirrnis
dieser Wände schält,
der Sturm um
hohle Türme jammert
und wieder weiter zieht,

der Himmel, wie
zerriss'nes Tuch,
sich drüber spannt.
Aus allen Wunden
rieselt, trist wie Fluch,
der Sand.
Die Treppen führen
nirgendwärts
ins Land.

Noch samten
legt das Moos hier
eine Lebensbrücke
von einst zu jetzt
über die alten Steine.
Nur manche Krähe reißt
daraus
die schönsten Stücke,
holt sich das letzte Leben
aus dem Tief
alleine.


Lisa Nicolis

28.8.25

Damals



Der See hatte mich oft getrunken,
die Bäume mich leise berauscht,
der Kies mich ertragen und
die Bänke, stumm,
sich an mir 
satt gesessen,

damals,
als ich im Sommer wohnte und
in der Freiheit zu Hause war.

Jetzt schlummert alles in mir.


Lisa Nicolis


26.8.25

Altweibersommer




die Zeit
hat den Faden verloren
spinnt nicht mehr
Netze von Silbertand
über Gräser und Busch
fädelt keine Perlen
wie Wunder
darüber

plappermäulig
stöckeln
Seniorinnen
Park einwärts
nordisch walkend
altweiberentzaubernd
die Erinnerung
ans Septemberflimmern


Lisa Nicolis

 

© Lisa Nicolis

25.8.25

Augustende



Der Sommer, der wie Regen klingt,
der wie Oktober schmeckt,
und den kein Jahr mehr wiederbringt,
hat sein Gesicht versteckt.

Er fließt vorbei im Lebenstal
wie abgetane Zeit
und seine Düfte werden fahl
im Kelch der Ewigkeit.

Am Blätterrand die Farbenspur
schon herbstgolden erscheint,
während ein Teil unsrer Natur
dem Herbst entgegenweint.


© Lisa Nicolis

 

24.8.25

Ratschläge



Die guten Ratschläge 
sind Perlen vor die Säue,
doch gute Menschen 
finden immer neue.

Die klugen Ratschläge
dich leider kaum erreichen,
weil kluge Menschen, 
sich die meist verkneifen.

Lisa Nicolis

23.8.25

Sehstörung



es schneit wieder Nichts 
so hell 
dass die Zeit sich
darin verirrt 
 
ein Nichts 
das die Blicke 
verschleiert hält 
und meine Sinne

bis ich höre 
wie laut das Leben 
rufen kann
wenn ich mich
hinter meinen Augen
verliere


© Lisa Nicolis

21.8.25

Das Gedicht



Hallo, Erato, liebe Muse,
ich schicke dir heute zum Gruße
auch ein Gedichtchen hinterher,
's ist leicht, zum Lesen gar nicht schwer.

Du weißt, ich bin nicht Dichterin,
gehör auch nicht zu den Poeten,
bin nur Gedichteschreiber*in, 
Typ nichtkonventionelle Späten.

Eine*r wird's anklicken, ich weiß,
ob er, sie's liest, das weiß ich nicht.
Wenn nicht, dann bleibt es ein Beweis  
von nicht gelesenem Gedicht.


Lisa Nicolis

20.8.25

Aus gedacht

 


So lass nun endlich die Gedanken,
dreh dich nicht immer um sie rum.
Sie satt zu nähren, zu betanken,
ist einfach unnötig und dumm.

Schaue dem Regen in die Augen,
lass deinen Schirm im Hausflur stehn.
Du darfst im Strömen 's dir erlauben,
deinen Gedanken zu entgeh'n.

Nach jedem Tropfen wirst du spüren,
wie du gedankenfreier wirst
und deinen Körper neu erfühlen,
wenn du dich selbst in Freiheit führst.

© Lisa Nicolis

19.8.25

Augustschwüle



Zum
offnen Fenster
rein, zerstäubt ganz fein,
strömt, morgenkühl, ein Ozean.
Als wär die Schwüle Angst und Not
und  Tränen  simultan. Ist  es  ein
Binnenmeer  aus Tau ? Entglitt
ein Bausch dem Wolkenstau?
Egal, ich reiß mich täglich
an den Riemen. Atmen
ist    schwer.  Ich
bräuchte    ein
paar Kiemen.
********
******
****
**
*


*
***
*
*****Lisa Nicolis*****

18.8.25

Oah!



Der Tag wollt heute tanzen gehn
in einem neuen Kleid,
das war so bunt und wunderschön,
aus abendroter Seid.

Der Abend stellte ihm ein Bein, 
hat ihm den Gang verpfuscht,
so ist am Horizont er fein,
hinter die Erd gerutscht.


Lisa Nicolis

17.8.25

Und dann endet der Traum



Des nachts führ'n meine Schiffe schwere Lasten,
im Lagerraum verschnürt sind alle Sorgen.
Dann geht es los, das Löschen und das Hasten,
doch auf der Brücke, wo die Nacht noch thronte,
und eh ich sie entsorgen konnte,
verbucht die Sorgen mir aufs neu der Morgen.


Lisa Nicolis

16.8.25

Perpetuum mobile



Wieder ein Tag, vielversprechend
aus der launigen Nacht entsprungen.

Das Leben foppt wieder mit
flachem Druck meines Blutes
und pflanzt in mein Denken
blumige Ranken,
mit Ausläufern in diese schwarzen Tasten
bis hinaus in kosmische Weiten.

Dann dreht es der Sonne den Rücken zu,
wieder und wieder,
zwischen all den Versprechen und
stülpt mir aufs neu die Nächte über.
Diese Nächte...

...bis wieder ein Tag,
vielversprechend
aus der launigen Nacht entspringt...

© Lisa Nicolis

15.8.25

Herbstahnen



Ich atme mich          durch das Grün
und fühle,wie allem      Blüh'n, wie diesem 
Sommer die Tage entgleiten. Die Sonnenuhr
verfälscht ihre Zeiten.Da stehen und hängen noch 
Farben herum, schon gelblich getönt. Sommerstumm 
leuchten sie über die transzendentale Brücke und 
heften sich, müde von Sommer, an meine Blicke. 
Und schau, sie neigen sich alle dem Boden 
zu, die Farben, bald schon zur ewigen
 Ruh, mit roten, mit grünen, mit 
gelben und rostbraunen 
Narben. Nur eine himmelt 
sich blau. Doch, warum 
bleibt die Erde, trotz 
des Farbenerhalts
immerzu 
grau?


Lisa Nicolis





14.8.25

Der Mann auf dem Mond rätselt



Du kannst am Mond im Mondschein 
nicht gut spazieren, 
du würdest hier verdunsten, 
und dann gefrieren.
Es gibt, 
ist einfach traurig und auch schade,
tagsüber 100 plus, nachts minus 
160 Grade.
Da stellt sich mir gerade
jetzt eine sehr verzwickte Frage:
sind -160 Grade
-100 und etwas mehr, 
oder sind -160 Grade
-100 und weniger?

Lisa Nicolis

13.8.25

Nackte Tatsache


Ist nichts mehr dir geblieben 
als dieser blanke Leib,
es auch kein Kommen gibt, 
nur noch ein Gehen,
hast du nur noch 
den einen Zeitvertreib,
dich mit Gedanken 
trösten und zu quälen.

Du denkst das Denken 
dir dann so zurecht,
als wär das Leben 
dir noch wohlgesinnt,
doch es ist keiner da
in Echt,
wenn's gar nicht stimmt,
der dich dann liebvoll 
in die Arme nimmt.

Lisa Nicolis

12.8.25

Alles nur Photosynthese?



Wipfel wiegen sich im Wind.
Wieviele Blätter schaukeln mit ?
Sind sie den Bäumen eher Kind,
oder nur einfach Requisit?

Sind sie ein schönes Sommerkleid,
ein Sonnenschirm vielleicht sogar?
Sind's Atmungshilfen, stets bereit,
oder der Schmuck fürs halbe Jahr?

Möchte ein jedes Blatt berühren,
denn es wird auch nicht ewig sein.
es welkt ganz still, im nächsten kühlen
Herbst, in das Wurzelwerk hinein.

Mag sein, dass in dem nächsten Leben,
 wir uns begegnen allemal,
ich, neu von Busch und Baum umgeben 
und Es geklont viel tausendmal.


Lisa Nicolis

8.8.25

Schlaf einmal drüber

 


Zu später Stund- schmerztriefende Gedanken.
Ich wanke hin zum Abgrund dieses Tages,
verlaufe mich in Schluchten der Gefühle,
in tränenschweren Wassern, zum Ertrinken.

Der späte Abend hängt an meinen Lidern,
sehen in mich hinein, die müden Augen
und folgen nachtgeborenen Gestalten,
die mich begleitend in den Morgen führen.

Der neue Morgen weckt mich aus der Tiefe,
die Schluchten sind erhellt, versiegt die Tränen,
in alle Winkeln flutet Licht und Wärme,
und meine Augen sehen über mich hinaus.

 Lia Nicolis

7.8.25

Nur Traum


Ich weiß nicht,
was längst mir um Blute wallt,
ist es Sehnsucht, 
zu laut und zu oft?
Die Träume webt, 
auf ein Wunder hofft,
völlig sinnlos. 
Doch bleibt sie mir Halt.

Es gibt keine Zeit mehr 
und keinen Raum
und Erfüllung 
wird's nicht mehr sein.
Ich hab nur dies Leben, 
so karg und klein,
so nehm ich mir 
Kraft aus dem Traum.

Lisa Nicolis


6.8.25

Gefangen


Bevor sich Frühlingsperlen
auf meinen Seelenfäden reihten,
zog schon der Sommer seine Glut
über das Zaudern.

Bevor ich mir den
Sommer pflücken könnte,
mäht wohl der Herbst schon
alle Julidüfte.

Oh, auch der Winter
wird nicht ewig warten,
bis die entzweite Seel,
im Blätterrauschen
Herbst erfühlt,

nur noch das Klicken
dunkler Laptoptasten lauscht,
bis auch dies Jahr
die letzten Stunden
stumm verschneit.


© Lisa Nicolis

5.8.25

Optimismus



Ich hab genügend Fantasie,
es kann die Welt auch untergehen.
Ich würd sie neu erschaffen, sie
um eigner Sonne weiter drehen.

Ich würd ihr nachts den Schatten gönnen,
tags mit ihr grünen, blühen gern
und würd, um Liebe ihr zu frönen,
sie zier'n mit Galaxien und Stern.

Ich würd sie gut und besser machen,
würd ihr nie Gott, nur Schöpfer sein.
Und würde tun noch tausend Sachen,
und wär ich wieder nur allein.

Lisa Nicolis

4.8.25

Der grüne Traum



Ich weiß,
dass Sturm und Baum
nicht Freunde sind, doch ist's der Wind,
von dem der Baum sich gerne wiegen lässt
und jedes Blatt in dem Geäst den Reigen liebt,
wenn sich der Wind durch alle Zweige siebt. Dann säß ich
gern auf einem Ast als lieber Gast und würde gerne mit das
Säuseln hören, dazugehören, des Blätterkleids lust'ges Flattern
schauen, mich diesem Tanze anvertrauen,
weit weg von all der
Menschenwelt,
bis irgendwann
das letzte Blatt
vom Baume fällt.
Auch wenn der Sturm
gelegentlich da drinnen thront,
den bin von allen Zeiten her ich längst gewohnt.
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**********************Lisa Nicolis**********************

3.8.25

Mein Tagebuch


Ich suche mich im Knistern der vergilbten Blätter,
aus denen zäh die Worte fließen,
wie trübe Wachsperlen aus funzelhellen Wunden
der Dunkelheit entlang.

Die Worte und Gefühle sich verweben
in schummerfarbnen, fremden Tönen
zu nebeligem Tand der fernen Tage.

Bin ich das im zerschlissnen Tuch gelebter Zeit?
Sah so mein Leben aus, wie Buchstaben hier,
durcheinander wirbelnd, Wort ergreifen?
Sind das hier meine Schritte, die an den Schnörkeln
trockner Tinte schleifen?

Sporadisch finde ich ein vages, fernes Ich,
verteilt auf vielen welken Seiten,
bestrebt, Erlebtes in die Zukunft einzubringen,
um nicht das Ich dem Ich ganz zu entfremden.

Verblättert liege ich im Buch, verstreut
im Klang der eignen Worte,
ich selbst, alleine mir zum Teil.

So bin ich heut, zu späten Lebensstunden
mir fremd begegnet.


© Lisa Nicolis

2.8.25

Ringe


Ringe,
Ringe,
große, kleine

f
a    a
 l l         l l 
e    e
 n,

f
a    a
 l l         l l 
e    e
n
über mich
und sie zeichnen
tiefe Rillen 
in die Seele
ins Gesicht.
Jeden Tag
die gleichen Engen,
der Versuch,
den Alp zu sprengen!

Fang sie auf
die bunten Ringe,
wirf sie durch die Luft
 und bringe
mich an einen andren Ort.
Fort von hier,
nur fort, nur fort,
denn sie 
f
a    a
 l l         l l 
e    e
 n,
denn sie 
f
a    a
 l l         l l 
e    e
n
über mich wie eine Schlinge,
diese großen, 
diese kleinen
diese Ringe, 
diese 
R
i      i
n        n
g    g
   e...


Lisa Nicolis

31.7.25

Remember



Dein Name steht
im Raum,
nur das Gesicht dazu
find ich nicht mehr
im Staub
des Kopfarchivs.

Wortfetzen,
Sonnenuntergang,
der Abend
damals
schemenhaft,
und stumm...

Dann wirst du doch
zu laut
in meinem Herzen.

© Lisa Nicolis


30.7.25

Ich frage mal


Wenn ich Meer und Himmel sehe,
wird mein Denken dann auch blau?
Krieg ich Grünspan in der Seele,
wenn ich lange Bäume schau?

***
Wenn ich morgens Kaffee trinke,
färben sich die Zellen braun?
Wenn ich mal vor Schmerzen hinke,
werd ich da auch zackig schaun?

***
Hab ich Kopfweh mal am Morgen,
nehm ich Pill'n, dass ich mich rette.
Wird das Wohlsein, das ich borge,
glatt und rund wie die Tablette?

***
Gibt es Zoff mal hin und wieder
mit dem lieben Ehemann,
schreit ihn heimlich, nicht gelinder,
auch die Galle bitter an?

***
Oh, heut laufe ich mal wieder
über von den dummen Fragen,
doch die Antwort  krieg ich lieber
irgendwann an anderen Tagen.

Lisa Nicolis

29.7.25

Abendspaziergang


Aus dem Osten steigt der Abend,
überflutend mild die Stille.
Nur im Nichts zirpt eine Grille.
Lau umschlingt seine Mantille

alles Sein. Die Karriolen
sich am Himmel überholen.
Leuchtkäfer mit Lichtkapriolen
ihren Liebsten Nachricht blinken.

Möcht im Gräserduft versinken,
mich mit Tauperlen betrinken,
Sterne dir vom Himmel pflücken,
dich mit Marsrubinen schmücken.

Wollen wir der Welt entrücken,
oder lauschen wir nur Stille,
hinter rosaroter Brille,
zwischen Weg’rich und Kamille,
uns an diesem Schweigen labend?

©Lisa Nicolis

28.7.25

Versverarmen


Vom Rilke der Armen verarme ich 
langsam zum Jandl der Armen
und bei Alarmen der Armeen
der Lyrikgendarmen
bitte ich mit einem
reuevollen warmen
Umarmen
um Erbarmen.

Lisa Nicolis

27.7.25

Sonntagmorgen



Ich liege mich in den Morgen hinein,
die Luft ist durchdrungen von Traum,
ich labe mich an dem Bett, meinem Heim,
an der Enge im urtrauten Raum.

Kein Fernsehn, auch keine Nachricht, so noch
kein Grauen, kein Krieg, keine Not.
Ich freue mich auch übers Sommerloch
und bin dankbar fürs tägliche Brot.

Ach, blieb immer nur dieses Sonntagsgefühl,
('s Kuscheldeckchen und's warme Bett)
und das Leben ohne Trug und Kalkül
über'n Tag hin. Das wäre nett!

Lisa Nicolis




26.7.25

Betreutes Wohnen

 

In grünillustrer Runde
zerfleddert sich das Kopfgespinnst
der Bäume vor dem Fenster:
-wer haust in diesem Labyrinth,
-wer schon aus all den Zimmern ging
-und wer gegangen wurde,
-wie viele Seelen wandeln hier,
-und wie viele Gespenster
beeinflussen den Alltag mir?

Ja, so ein Alteleutehaus
scheint selbst 
den lieben Bäumen draus
ein Graus.

Lisa Nicolis

24.7.25

zerregnete Worte




ich denk mir
 einen tollen Text 
hier auf das Blatt 
während der Stift sich 
stumpf  verkritzelt hat
die Wortbrocken 
leicht  transparent 
den Halt verlieren
Moränen gleich
die man nie zügeln kann
die aberieren

wie diese Wolken 
die genüsslich 
 Blau des Himmels 
naschen 
und sich die Bäuche 
voll von Sonne schlagen 
während die Ausläufer
in Unschuld sich 
die Hände waschen 
und klagen 
und grollen 
hinterrücks im Wind
mir diesen Text 
in Wortscherben zerregnen
bis nur die Worte hier 
noch lesbar sind


Lisa Nicolis

22.7.25

Regentage

 


An manchen Tagen
ist‘s eine andre Welt,
die du bekommst.
Als wäre man ihr fremd
und‘s wäre auch die Atemluft
viel teurer noch als sonst.
Selbst die Gedanken sind mir schwer,
die ich dann mit mir trage.

Was hätt‘ ich alles werden können,
und tun und lassen sollen,
was ich nicht bin, was ich nicht tu,
was ich vollendet habe.
Ist voller Fragen diese Luft,
es ist so wenig Zeit
und Wolken überall
und lauter Regentage.


Lisa Nicolis

19.7.25

Weiße Nacht



Hab den Abend mir in die Seele geschaut
und jetzt wimmelt’s von Sternen in mir.
All ihr Schweigen liegt samten und urvertraut
um den Schultern mir jetzt und hier.

Es ist still, nur meine Gedanken sind laut
und es wird eine hellweiße Nacht,
weil der Schlaf mit mir nun den Abend schaut
und der Vollmond vom Himmel lacht.


© Lisa Nicolis

16.7.25

Der Baum


Entschuldige, Baum,
ich bin wie im Traum
auf deinen Schatten getreten.
Nun hast du den meinen versteckt,
mich verzaubert, betört,
dass selbst dieser 
dunkle Fleck auf der Seele
in deiner Herrlichkeit
sich verlor.

© Lisa Nicolis

Die Zeit


Die Zeit ist nicht alt.
Sie hat kein Gesicht.
Die Zeit ist nicht schnell.
Sie hat kein Gewicht.

Die Zeit hat nicht Zeit.
Sie hat keinen Raum.
Die Zeit ist nicht bunt.
Sie lebt keinen Traum.

Die Zeit nichts verspricht.
Die Zeit nichts vergisst.
Die Zeit nicht vergeht.
Sie wird nicht, sie ist.

Ist messbar auch nicht.
Vergebens die Uhr.
Die zeigt uns doch nur
der Vergänglichkeit Spur.

© Lisa Nicolis

15.7.25

Das Zitteraalquarium


Zitteraal
zitteraalt
Zitteraalin
im Zitteraalquarium

Zeitzeugen
zertifizieren
Zitteraalität

Zitteraale 
&
Zitteraalinnen
zelebrieren
zitteraalige
zitterenganliegende
Zitteraa(d)lige

Lisa Nicolis

14.7.25

Grün und blau


Morgens haftet 
der erste Blick an die 
winkenden Baumkronen am 
Fenster. Das Grün tönt 
meine Augäpfel,
fließt in mein Innerstes,
durchzieht mein Blut,
färbelt meine Zellen
und ich 
grüne in das 
Grün und Blau 
des Alltags 
hinein.

Lisa Nicolis

Lass uns träumen


Lass uns träumen,
dass unsre Sorgen
transparentes Flügelschlagen
wären,
ein Hauch im Sonnenwind,
der sich
als Sternenstaub
auf Nebelpfade
der Milchstrasse
begibt,
ganz weit entfernt…
und erdbefreit…


Lis© Nicolis

13.7.25

Da stehen

 



Da stehen, ist in Ordnung.
Dumm dastehen, weniger.
Wie stehe ich dann da,
wenn ich wieder nur da stehe,
ohne gut dazustehen?


© Lisa Nicolis

12.7.25

Abends




Wieder spinn ich bunte Fäden
und dann jeden
die Gedanken mir verweben
zu `nem wohlig frischen Tuch,
voller blumigem Geruch.

-Duftttabak und wilde Kräuter...
Traumverhangen, sachte streut er,
in versunk'ner Sonne Rahmen,
gold'ne Samen
dieser seichte Abendschimmer.

Andächtig und still, wie immer,
schöpf aus himmelsdunklem Blau
ich ein ew'ges Sternenahnen
hinter Großstadtlichterbahnen,
sitzend hier im Erdengarten,
wo die warmen Nächte warten,
dass ein Windeshauch sie kühlt.

Lisa Nicolis

 

11.7.25

Alltag

 


„Komm, Alltag, nimm mich an der Hand
und gehen wir spazieren.
Paar Schritte weiter übers Feld,
dahin lass dich entführen.

Zum Rummelplatz, da möchte ich hin,
wo ich sonst nicht so gerne bin.
Doch heute lass dich führen.
Komm, beide gehen wir aus 
und schnurstracks, lieber Alltag,
sind wir im Spiegelhaus.

Siehst du, wieviel Gesichter an einem Alltag sind?“
„Dann führ mich öfter aus, mein langweiliges Kind!“

Lisa Nicolis

10.7.25

Fernweh



Irgendwie braucht mein Träumen
viel Himmel und See.
Klein ist mein Platz
hier im Raum,
wo ich steh.
Bau mir dann Brücken,
bis weithin
zum Horizont,
wo meiner Sehnsucht
Erfüllung wohl wohnt.

© Lisa Nicolis

9.7.25

Die Entscheidung



Wie brichst du dich entzwei,
wenn deine Schmerzen toben,
doch andre lauter sind?

Auf welche Wunden
legst du deine Hände?
Auf fremde?
Wenn deine näher sind?

Bist du dem Gott,
bist du dir selber teurer?
Oder sind nebenan
die Schmerzen 
ungeheurer?

Wie brichst du dich entzwei,
dass du ein Ganzes bleibst,
obwohl du dich zu Scherben leidest?

Wie wiegst du Leiden auf,
ohne dass du’s Gewissen
in die Enge treibst?

Dann ebbt durch
deine Hände
dieses Klagen.
Und ein Remedium für dich
ist Antwort auf die Fragen.


Lisa Nicolis

Wenn jemand um Hilfe schreit und du selber Hilfe brauchst, was machst du dann?

8.7.25

Agoraphobisches


Als heut die Straße sich
in meinem Blick verfing
und freudig,
nach so langer Zeit,
auch meinen Herzschlag tönte,
ließ ich mich
heldenhaft und sachte
von ihr
die Häuser lang begleiten
und suhlte mich
in ihrer sonn'gen Endlichkeit,
bis sie mich um die Ecke brachte.
 

© Lisa Nicolis

7.7.25

Das Lächeln



Komm, kannst du mir bloß
ein Lächeln vergeben?
Und wäre es falsch,
ich hätt nichts dagegen.

Denn wenn du mir lächelst,
dann bist du mir nah.
Kein Lächeln bedeutet
–es ist keiner mehr da…

Lisa Nicolis