28.5.23

Es müsste mich einer führen


                Es müsste mich einer führen,
                aber nicht der Wind;
                weil der Orte und Türen
                so viele sind.
                Wen
                soll ich um alles fragen;
                soll ich immer nur gehn
                und es wie im Traum ertragen,
                dass die Berge und Burgen ragen
                an dem Saum
                der fremden Seen?...


Rainer Maria Rilke
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Da, wo ich geboren wurde, durfte ich zwar die deutsche Schule besuchen, ich wurde in meiner Muttersprache mit den großen Klassikern der deutschen Literatur bekannt gemacht, aber irgendwie zählte der auch deutschsprachige Rilke nicht zu den erwähnenswerten Klassikern und so entdeckte ich ihn erst 1990, als mir eine Nonne, die mit der deutschen Caritas in unserem Land tätig war, einen Rilkeband schenkte. Sie schlug das Buch da auf, wo der Panther mit geschmeidig starken Schritten sich im allerkleinsten Kreise dreht und ich brach in Tränen aus, weil ich das Gefühl hatte, Rilke hätte mir selbst das Gedicht gewidmet. Seitdem ist, mag wohl blasphemisch klingen, dieses Buch meine Bibel. Hier kann ich mit Rilke über Gott sinnieren, mit Gott sprechen, beten und alles klingt so offen und ehrlich. Dabei darf ich diese wunderschönen Verse genießen, von denen ich eine Menge auch auswendig kann.
Schon lange hatte ich vor, es mal mit einer Rlikeserie zu versuchen. Und heute ist es soweit.