5.7.19

Das Meer


In Cinque Terre ist’s Morgen.
Ich hab so viel Grau im Gesicht,
ich bin noch in Nebel geborgen.
Ich finde die Sonne noch nicht
und Wolken bedecken den Himmel.
Vom Turm kommt ein Sonntagsgebimmel.

Es hat mich zu ihm hin gezogen,
es fühlt meine Sehnsucht, ich weiß.
Ich wollte nichts Seichtes, wollt Wogen
-heut ist’s mir zu farblos, zu leis.
Doch plötzlich da lösen sich Böen
aus felsigen duftschweren Höhen.

Ich warte geduldig am Strande.
Erst holt es den Nebel noch ein,
dann rollt’s sich im goldigen Sande,
es züngelt hinauf auf’s Gestein.
Als wollte es mich nun begrüßen,
treibt’s kühl und azurn mir zu Füßen.

Es färbt sich für mich blau und
jaden. 
In ihren so himmlischen Schein
vom Himmel die Strahlenmyriaden 
hell glitzernd jetzt hüllen es ein.
Die Gischt mit den silbernen Schäumen
erhascht mich beim seeligen Träumen.

© Lisa Nicolis